Segen

Es segne uns Gott, der Vater, der uns liebt 
und unser Leben in seinen Händen hält.
Es segne uns Gott, der Sohn, der uns befreit 
aus den Fesseln unserer Angst.
Es segne uns Gott, der Heilige Geist, der uns als Beistand zugesagt ist und der uns führt auf dem Weg des Friedens.
So segne und begleite uns der lebendige Gott, 
der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Der gute Hirt: 10,1–21

Amen, amen, ich sage euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber.Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. Ihm öffnet der Türhüter und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus. Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme. Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme der Fremden nicht kennen. Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte. Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden. Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.

Heute am vierten Sonntag nach Ostern lesen wir das Evangelium vom guten Hirten. Judäa, zurzeit Jesu, war eine steinige Hochebene, die sich mehr für Hirtentätigkeit als für Landwirtschaft eignete. Das Gras war spärlich, die Herde musste ständig von einem Platz zum anderen überwechseln. Es gab keine Schutzmauern, und so war die ständige Anwesenheit des Hirten unter der Herde erforderlich. Ein Reisender des letzten Jahrhunderts hat uns ein Bild des Hirten im Palästina der damaligen Zeit hinterlassen: „Wenn man ihn auf einer Weide sieht – schlaflos, mit dem Blick, der in der Ferne Ausschau hält, immer achtsam auf die Bewegungen der Herde –, so versteht man, warum der Hirte in der Geschichte Israels eine so große Bedeutung erhalten hat, dass sie diesen Titel ihren Königen gegeben haben, und warum Christus ihn als Symbol für sich selbst angenommen hat.“

Im Alten Testament wird Gott selbst als Hirte seines Volkes dargestellt. Im Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen“; Psalm 95 „Denn er ist unser Gott, wir sind das Volk, die Herde, von seiner Hand geführt“. Auch der künftige Messias wird von Jesaja mit dem Bild des Hirten beschrieben: „Wie ein Hirt führt er seine Herde zur Weide, er sammelt sie mit starker Hand. Die Lämmer trägt er auf dem Arm, die Mutterschafe führt er behutsam“. Dieses vollkommene Bild des Hirten findet seine volle Verwirklichung in Christus. Er ist der gute Hirte, der sich auf die Suche nach dem verlorenen Schaf macht; er hat mit dem Volk Mitleid, weil Jesus in ihm „Schafe ohne Hirten“ erkennt; er nennt seine Jünger „die kleine Herde“. Petrus bezeichnet Jesus als „den Hirten unserer Seelen“, und im Brief an die Hebräer ist vom „großen Hirten der Schafe“ die Rede.

Als dem guten Hirten beschreibt das Evangelium Jesus und hebt einige Charakteristiken hervor. Die erste betrifft das gegenseitige Kennen von Herde und Hirt, das Wissen von einander: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir.“ In einigen Nationen Europas werden Schafe in erster Linie wegen ihres Fleisches; in Israel vor allem wegen ihrer Wolle und ihrer Milch gezüchtet. Sie bleiben deshalb jahrelang in der Gesellschaft des Hirten, der schließlich den Charakter jedes einzelnen Schafes kennt und es sogar mit einem Kosenamen ruft.

Es ist klar, dass Jesus genau das mit diesen Bildern sagen will. Er kennt seine Jünger und als Gott alle Menschen. Er kennt sie „beim Namen“, was für die Bibel heißt: in ihrem innersten Wesen, die Licht und Schattenseiten, das was sie, uns ausmacht. Er liebt uns mit einer persönlichen Liebe, die einen jeden so erreicht, als wäre er der einzige, der vor ihm steht. Als ob Christus nur bis eins zählen würde – und dieses „Eins“ ist ein jeder von uns!

Weiter beschreibt das Evangelium den guten Hirten: Er „gibt sein Leben hin für die Schafe, und keiner wird sie ihm entführen können“. Der Alptraum der Hirten Israels waren die wilden Tiere, Wölfe, Hyänen oder andere Feinde. In einsamen Gegenden bedeuteten sie ständige Bedrohung. Das ist der Augenblick, der den wahren Hirten vom bezahlten Hirten unterscheidet: zwischen dem, der die Schafe weidet und zum Hirten berufen ist, und jenem, der nur um des Geldes wegen den Hirtendienst übernimmt, die Schafe aber nicht liebt. Der Söldner flieht vor der Gefahr und überlässt die Schafe dem Wolf oder den Feinden; der wahre Hirt hingegen tritt der Gefahr mutig entgegen, um die Herde zu retten. Dies erklärt auch, warum das Evangelium vom guten Hirten in der Osterzeit gelesen wird: Ostern war der Augenblick, in dem Christus gezeigt hat, dass er der gute Hirte ist, der das Leben für seine Schafe gibt, aus absoluter vollkommener Liebe. Und das tut unserer Seele, unserem Herzen, unserem Leben gut. Denn letztlich wird er immer für uns sorgen heute und im Leben nach dem Tod.